Im Mittelpunkt: das Gespräch
Psychotherapeut*innen führen mit Ihnen Gespräche. Sie tauschen sich mit Ihnen über Ihr Befinden, Ihre Gedanken, Gefühle und Wünsche aus. Viele Patient*innen fragen sich anfangs: „Reicht das denn aus?“, „Hilft es denn, nur zu reden?“.
Die Erfahrung zeigt: Es hilft sehr viel mehr, als die meisten Patient*innen, die erstmals eine Psychotherapie beginnen, für möglich halten. Das hat zwei Gründe: Das Miteinandersprechen hilft Ihnen, Worte für die Gedanken, Gefühle und Wünsche zu finden und auszudrücken, was Ihnen auf der Seele liegt. Im Gespräch bittet die Psychotherapeut*in Sie, Worte für das zu finden, was Sie innerlich bewegt. Es ist möglich, dass Sie in einer Psychotherapie erstmals Gedanken und Gefühle wahrnehmen und ausdrücken, die Ihnen bisher selbst noch gar nicht bewusst waren. Sie können dadurch sich und das, was Sie erleben, anders oder genauer wahrnehmen. Dieses „Wahrnehmen, was innerlich bewegt“ und sich darüber mit der Psychotherapeut*in auszutauschen ist ein erster wichtiger Schritt in einer Psychotherapie.
Dann kann es darum gehen, gemeinsam mit der Psychotherapeut*in zu überlegen, was Sie an der Art und Weise, wie Sie mit sich selbst und anderen umgehen, ändern wollen und was die Veränderung schwer macht. Veränderungen sind nichts Einfaches, oft sind sie eher schwierig. Die Psychotherapeut*in unterstützt Sie, sich mögliche Veränderungen erst einmal vorzustellen und sich damit auseinanderzusetzen. Sie erproben, was Sie anders als bisher machen möchten, und besprechen das mit Ihrer Psychotherapeut*in. So ist es leichter möglich, dass es Ihnen gelingt, Ihr Verhalten auch im Alltag zu verändern.
In einer Psychotherapie entwickeln Sie also einerseits eine therapeutische Beziehung, die Ihnen hilft, sich auf Unbekanntes Ihres Seelenlebens einzulassen. Zugleich ist es Ihnen besser möglich, Muster in Ihrem Verhalten und Ihren Beziehungen zu erkennen, die für Ihr bisheriges Leben belastend waren. Oder Sie lernen praktische Übungen, die Ihnen helfen, mit Belastungen und Problemen in Ihrem Leben besser zurechtzukommen. Deshalb führen Psychotherapeut*innen mit Ihnen Gespräche. Psychotherapeut*innen halten ein solches Miteinandersprechen mit für das wirksamste Mittel, um psychische Beschwerden und Krankheiten zu heilen.
Vom dem, was Sie in der Psychotherapie besprechen, darf Ihre Psychotherapeut*in niemandem berichten – nicht Ihrer Arbeitgeber*in und auch nicht Ihrer Lebenspartner*in oder anderen Angehörigen, es sei denn, Sie möchten dies ausdrücklich.
Psychotherapeut*innen unterliegen der Schweigepflicht, das heißt, es ist ihnen verboten, persönliche Informationen über Patient*innen ohne deren ausdrückliches Einverständnis an andere weiterzugeben (§ 203 Strafgesetzbuch). Die Verletzung der Schweigepflicht wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bestraft.
»Worte für die Gedanken, Gefühle und Wünsche finden und ausdrücken, was Ihnen auf der Seele liegt.«
Neu: Gesundheits-Apps in der Psychotherapie
Im Internet finden sich unzählige Apps, die bei psychischen Beschwerden oder Erkrankungen helfen sollen. Für die Lai*in ist kaum einzuschätzen, ob solche Gesundheits-Apps nützlich sind oder vielleicht schädliche Nebenwirkungen haben und wie mit persönlichen Informationen umgegangen wird. Deshalb werden Gesundheits-Apps inzwischen staatlich geprüft. Sie können in einem Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (diga.bfarm.de/ de/verzeichnis) nachgeschlagen werden. Dort finden Sie neben Apps, die noch überprüft werden, auch Apps, die als wirksam und sicher eingestuft wurden. Diese geprüften Apps („Digitale Gesundheitsanwendungen“) können Ihnen von einer Psychotherapeut*in oder Ärzt*in verordnet werden. Dann übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten.
Bevor Sie aber eine App nutzen, sollten Sie sich von einer Psychotherapeut*in beraten lassen. Sie kann Ihnen sagen, ob es bei Ihrer Erkrankung sinnvoll ist, dass Sie zum Beispiel zwischen den Behandlungen in der Praxis zuhause mit einer empfohlenen App selbstständig Übungen machen. Voraussetzung dafür ist, dass Sie sich ungestört in einen Raum zurückziehen können. Andere sollten nicht sehen können, was Sie eingeben. Die allermeisten Apps können Sie auf einem Smartphone, Tablet, Laptop oder PC nutzen. Dafür müssen Sie sie in einem App-Store oder der Webseite des App-Anbieters herunterladen. Wenn Ihre Psychotherapeut*in Ihnen eine geprüfte App verordnet hat, können Sie bei Ihrer Krankenkasse dafür einen Freischalt-Code anfordern. Dadurch entstehen Ihnen keine Kosten für die Nutzung der App.
Neu: Behandlung auch per Video möglich
Eine psychotherapeutische Behandlung findet in der Regel im unmittelbaren Gegenüber in der psychotherapeutischen Praxis statt. Diese Art der Behandlung ist für die meisten Patient*innen am besten geeignet. Wenn Sie aber zum Beispiel beruflich viel unterwegs sind, können einzelne Stunden in einer psychotherapeutischen Behandlung auch per Videogespräch durchgeführt werden. Dies ist auch möglich, wenn Sie körperlich krank sind und Sie den Weg in die Praxis nicht schaffen. Oder der Weg in die Praxis ist so weit und zeitaufwändig, dass Sie damit überfordert sind. Dies sollten Sie gemeinsam mit Ihrer Psychotherapeut*in beraten.
Für die ersten Sprechstunden müssen Sie jedoch auf jeden Fall in die Praxis kommen. In diesen ersten Gesprächen werden Ihre Beschwerden diagnostiziert und es wird besprochen, ob und welche Behandlung ratsam ist. Dafür ist in jedem Fall ein unmittelbarer persönlicher Kontakt zwischen Patient*in und Psychotherapeut*in notwendig. Danach können einzelne Stunden mit Ihrer Psychotherapeut*in grundsätzlich auch per Videogespräch geführt werden. Ob dies in Ihrem Fall ratsam ist, können Sie mit Ihrer Psychotherapeut*in besprechen.
Für die Durchführung von Therapiestunden per Video brauchen Sie einen PC, Laptop oder ein größeres Tablet. Bei einem Smartphone reicht die Größe des Bildschirms in der Regel nicht aus. Ihr Computer muss über eine Kamera, ein Mikrofon und einen Lautsprecher verfügen. Für eine Videobehandlung muss die Software eines geprüften Anbieters verwendet werden, dessen Programme besonders strenge Datenschutz-Anforderungen erfüllen. Ihre Psychotherapeut*in nutzt dazu ein geprüftes Programm. Sie erklärt Ihnen, welche Internetseite Sie aufrufen und welchen Code Sie dort für die Einwahl in das Videogespräch eingeben müssen. Wichtig ist, dass Sie sich für die Behandlung ungestört in einen Raum zurückziehen können. Andere sollten nicht mithören können, was Sie sagen.
Wenn Sie zum Beispiel eine Gesundheits-App gegen Depressionen in einem App-Store herunterladen, weiß der Betreiber, dass Sie dies getan haben. Er kann diese Information für seine Firmenzwecke nutzen, zum Beispiel um Ihnen gezielt Werbung zu anderen Angeboten gegen Depressionen zu schicken.
Dauer der Psychotherapie
Die meisten psychischen Erkrankungen entstehen über Wochen, Monate und oft auch Jahre. Auch für ihre Behandlung sind häufig Monate oder Jahre erforderlich. Die Behandlung einer psychischen Erkrankung ist meist umso aufwendiger, je länger sie bereits besteht. Eine neu aufgetretene depressive Störung ist deshalb eventuell schneller zu behandeln als eine chronische Depression, an der Sie bereits in Ihrer Jugend erkrankt waren.
In der Regel sollten Sie sich auf eine Behandlungsdauer von mehreren Monaten einstellen. In dieser Zeit erhalten Sie meistens eine 50-minütige Behandlung („Sitzung“) in der Woche, manchmal auch mehrere. In der Endphase einer Therapie können auch größere Abstände zwischen den Sitzungen sinnvoll sein.
Grundsätzlich wird in der Psychotherapie zwischen Kurz- und Langzeittherapien unterschieden. Ihre Psychotherapeut*in wird mit Ihnen besprechen, welche Behandlungsdauer sie bei Ihnen für ratsam hält. Sowohl für die Kurz- als auch für die Langzeittherapie muss ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden (siehe „Der Antrag an die Krankenkasse“).
In der gesetzlichen Krankenversicherung genehmigt die Kasse zunächst eine festgelegte Anzahl von Behandlungsstunden („Stundenkontingente“). Die Anzahl legt fest, wie viele Behandlungsstunden zunächst möglich sind. Sind die vereinbarten Behandlungsziele erreicht, kann eine Psychotherapie auch früher beendet werden. Sind die Ziele nach der genehmigten Stundenzahl noch nicht erreicht, kann eine Psychotherapie auch verlängert werden. Dafür ist wiederum ein Antrag notwendig.
Kurzzeittherapie
Die häufigste Psychotherapie ist die Kurzzeittherapie: Rund drei von vier psychotherapeutischen Behandlungen dauern nicht länger als 25 Stunden à 50 Minuten. Die Kurzzeittherapie ist in zwei Abschnitte unterteilt. Jeder Abschnitt umfasst jeweils zwölf Behandlungsstunden. Reichen die ersten zwölf Stunden nicht aus, können weitere zwölf Stunden beantragt werden. Stellt sich während einer Kurzzeittherapie heraus, dass doch eine längere Behandlung erforderlich ist, kann eine Kurzzeittherapie auch in eine Langzeittherapie umgewandelt werden.
Langzeittherapie
Im Gespräch mit Ihrer Psychotherapeut*in kann deutlich werden, dass eine längere Behandlung notwendig ist. Die mögliche Anzahl von Behandlungsstunden hängt bei der Langzeittherapie davon ab, welches psychotherapeutische Verfahren eingesetzt wird. Etwa ein Viertel der Behandlungen sind Langzeittherapien. Rund ein Prozent der Behandlungen dauert über 100 Stunden. Auch eine Langzeittherapie kann nochmals verlängert werden. Dafür ist erneut ein Antrag notwendig.
Behandlungsstunden in der Langzeittherapie
Krankenkassen genehmigen auf Antrag eine festgelegte Anzahl von Behandlungsstunden („Stundenkontingente“). Die Anzahl legt fest, wie viele Behandlungsstunden möglich sind. Wenn Psychotherapeut*in und Patient*in gemeinsam feststellen, dass die vereinbarten Ziele der Behandlung erreicht sind, kann eine Psychotherapie auch früher beendet werden. Häufig sind Psychotherapien deshalb kürzer als die Anzahl der genehmigten Stunden.
Diese „Stundenkontingente“ sind unterschiedlich groß, je nachdem, welches psychotherapeutische Verfahren eingesetzt wird. Bei einem Erwachsenen sind es zunächst bei einer verhaltenstherapeutischen oder Tiefenpsychologisch fundierten Behandlung bis zu 60 Stunden, bei einer Analytischen Psychotherapie bis zu 160 Stunden. In der Tabelle ist daneben noch die Anzahl der möglichen gruppentherapeutischen Stunden (als Doppelstunden) angegeben. Eine Langzeittherapie kann verlängert werden. Dafür ist erneut ein Antrag notwendig.
Analytische Psychotherapie | Systemische Therapie | Tiefenpsychlogisch fundierte Psychotherapie |
Verhaltenstherapie | |
---|---|---|---|---|
Langzeittherapie | ||||
Erwachsene (Einzel/Gruppe) | 160/80 | 36 | 60 | 60 |
Kinder (Einzel/Gruppe) | 70/60 | - | 70/60 | 60 |
Jugendliche (Einzel/Gruppe) | 90/60 | - | 90/60 | 60 |
Therapieverlängerung | ||||
Erwachsene (Einzel/Gruppe) | 300/150 | 48 | 100/80 | 80 |
Kinder (Einzel/Gruppe) | 150/90 | - | 150/90 | 80 |
Jugendliche (Einzel/Gruppe) | 180/90 | - | 180/90 | 80 |
Phasen einer Behandlung
Das Kennenlernen
Zu Beginn einer Psychotherapie wird es darum gehen, dass Sie eine tragfähige Beziehung zu Ihrer Psychotherapeut*in aufbauen und über Ihre Erkrankung und deren Symptome sprechen können. Dieses Kennenlernen beginnt schon in den Probesitzungen.
Der Behandlungsverlauf
Dann geht es in der Regel darum, sich mit Ihrer Erkrankung und den dahinterliegenden Problemen auseinanderzusetzen. Mit der Zeit verstehen Sie Ihre Probleme besser. Sie erkennen zum Beispiel „typische Muster“, wie Sie bisher Beziehungen gestaltet, Konflikte gelöst und Probleme zu bewältigen versucht haben. Mit Unterstützung Ihrer Psychotherapeut*in können Sie andere Wege als bisher ausprobieren und neue Erfahrungen sammeln. Es kann auch schwierige Phasen geben, in denen Sie daran Zweifel haben, ob die Psychotherapie Ihnen guttut oder Ihnen hilft (siehe „Schwierige Phasen in einer Psychotherapie“).
Die Themen der Psychotherapie sind sehr individuell, je nachdem, was Sie erlebt haben und welche Strategien Sie bisher entwickelt haben, um mit Problemen und Konflikten umzugehen. Ihre Psychotherapeut*in wird Ihnen helfen herauszufinden, welche Fähigkeiten Sie mitbringen und welche Herangehensweise Ihnen entspricht.
Alle Wege haben jedoch das eine Ziel, dass Ihre Gefühle, Ihre Gedanken und Ihr Verhalten Sie nicht mehr dabei behindern, Ihre familiären und beruflichen Herausforderungen zu meistern und zwischenmenschliche Konflikte zu lösen. Es ist möglich, keine übermäßige Angst vor Menschen oder Situationen zu haben. Es ist möglich, sich nicht immer wieder in sich selbst zurückzuziehen und mit belastenden Gedanken zu beschäftigen. Es ist möglich, auch ohne Alkohol oder Beruhigungsmittel zu entspannen, Ängste zu überwinden und den Alltagsstress hinter sich zu lassen.
Eine Psychotherapie kann sehr wirksam dazu beitragen, dass Sie Ihre psychische Erkrankung überwinden.
Manchmal entwickeln sich psychische Erkrankungen allerdings auch chronisch, das heißt, sie gehen nicht vollständig zurück. Dann geht es in der Psychotherapie darum, dass Sie besser mit Ihrer Erkrankung leben können und Ihr Leben trotzdem möglichst gut meistern.
Das Behandlungsende
Das Ende einer Psychotherapie ist erreicht, wenn die Ziele, die Sie sich zusammen mit der Psychotherapeut*in gesetzt haben, erreicht sind. Die Psychotherapeut*in wird Sie nicht länger als notwendig behandeln. Sie unterstützt Sie dabei, künftig möglichst ohne psychotherapeutische Hilfe zurechtzukommen.
Es kann aber auch sein, dass Sie gemeinsam mit Ihrer Psychotherapeut*in zwar den Eindruck haben, dass Sie auf dem richtigen Weg sind, aber noch nicht an dessen Ende. Dann können Sie eine Behandlung auch verlängern. An eine Kurzzeittherapie kann sich noch eine Langzeittherapie anschließen und auch eine Langzeittherapie kann verlängert werden. Dafür ist jeweils ein fachlich begründeter Antrag an die Krankenkasse notwendig (siehe „Behandlungsstunden in Langzeittherapie“).
Der Abschluss einer Therapie bedeutet immer auch einen Abschied. Meist ist es sinnvoll, das Ende der therapeutischen Beziehung in den letzten Stunden der Therapie zu besprechen.
In der letzten Phase einer Psychotherapie geht es darum, Sie auf die weitere Zukunft vorzubereiten. Die Fragen, die Sie sich jetzt stellen könnten, sind beispielsweise:
- Welches sind die Ziele für meine weitere Entwicklung?
- Was kann ich tun, um das Erreichte zu bewahren und mich meinen längerfristigen Zielen weiter anzunähern?
- Was kann ich tun, wenn meine Beschwerden wieder auftreten oder sich verschärfen?
Phasen, in denen Sie daran zweifeln, ob die Psychotherapie wirkt, können zur Behandlung dazugehören. Es kann auch vorkommen, dass sich Ihre psychischen Beschwerden zwischenzeitlich verstärken. Oder es treten andere Beschwerden auf. Oder Ihnen ist alles zu viel. Oder es geht Ihnen nicht schnell genug.
Dies sollten Sie mit Ihrer Psychotherapeut*in besprechen. Eine Psychotherapeut*in weiß um die Probleme und Schwierigkeiten, die in einer Behandlung auftreten können.
Wenn Sie länger unzufrieden sind und grundlegend am Erfolg der Behandlung zweifeln, können auch niederschwellige Beratungsangebote helfen, die manche Psychotherapeutenkammern eingerichtet haben. Die Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf der Webseite Ihrer zuständigen Psychotherapeutenkammer. Selbstverständlich können Sie eine Therapie auch vorzeitig beenden. Ihre Psychotherapeut*in wird Ihre Entscheidung respektieren. Wenn Sie möchten, kann sie Ihnen eine Kolleg*in empfehlen, bei der oder dem Sie die Behandlung fortsetzen können.
»Mit Unterstützung Ihrer Psychotherapeut*in können Sie andere Wege als bisher ausprobieren und neue Erfahrungen sammeln.«
Damit das Ende einer Psychotherapie nicht zu abrupt von einer auf die nächste Woche erfolgt, können die Abstände zwischen den letzten Behandlungsstunden auch vergrößert werden. Sie sehen Ihre Psychotherapeut*in dann beispielsweise nur noch einmal im Monat. Ziel dieser Phase ist es auch, Rückfällen vorzubeugen („Rezidivprophylaxe“). Bestehende Behandlungserfolge können so besser gesichert werden.
Neu: Psychotherapie in der Gruppe
Psychotherapie in einer Praxis ist meistens eine Einzeltherapie, in der eine Patient*in mit einer Psychotherapeut* in spricht. Immer häufiger ist aber auch Gruppentherapie. Bei der Gruppentherapie sitzen mehrere Patient*innen und eine Psychotherapeut*in im Kreis zusammen, sodass sich alle sehen können. Die Treffen dauern meist 100 Minuten, manche auch nur 50 Minuten. Ab Sommer 2021 können Gruppentherapien gemeinsam von zwei Psychotherapeut*innen durchgeführt werden.
Das Besondere der Gruppentherapie
Gruppentherapien haben spezielle Vorzüge gegenüber einer Einzeltherapie. Sie erleben, dass Sie mit Ihren psychischen Beschwerden und Konflikten nicht allein sind. Vor anderen über die eigenen Probleme zu sprechen, kann sehr hilfreich sein. Sie erfahren, sich von anderen verstanden und angenommen zu fühlen. Andere berichten, wie sie gelernt haben, ihre psychische Erkrankung zu verstehen und wieder zu gesunden. Durch die sehr persönlichen Gespräche entsteht auch ein besonderes Gefühl, zu der Gruppe zu gehören und in ihr aufgehoben zu sein. Die Gruppe bietet einen geschützten Raum. Die gemeinsamen Therapiestunden mit anderen können helfen, sich selbst und die eigene Wirkung auf andere besser einschätzen zu können. Sie können lernen, Ihre Gefühle genauer wahrzunehmen, Ihre Wünsche und Bedürfnisse besser in Worte zu fassen oder auch für diese einzutreten. Sie können anderen Rückmeldungen geben und das Feedback von anderen erhalten. Die eigene Sicht der Dinge immer wieder anderen zu erklären und deren Sichtweisen zu hören, erleichtert es, neue Lösungen für alte Probleme zu finden.
In den Beziehungen in der Gruppe können sich auch Muster wiederholen, die Sie aus Ihrem Privat- und Berufsleben kennen. Durch die Gespräche darüber können Sie solche Muster besser erkennen und ändern. In den Auseinandersetzungen mit den anderen können Sie unmittelbar ausprobieren, Gespräche und Konflikte anders zu führen. Sie können lernen, die Sichtweisen anderer besser zu verstehen, konstruktiv Kritik zu üben oder auch Nein zu sagen. Schwierige Konflikte können Sie in Rollenspielen erproben. Sich wiederholende Konflikte mit der Partner*in oder mit Vorgesetzten am Arbeitsplatz lassen sich manchmal so besser lösen. Für all dies müssen Sie allerdings wagen, sich mit anderen, die Sie bis dahin nicht kennen, zusammenzusetzen und mit ihnen über sehr Persönliches zu sprechen. Das fällt nicht jeder* leicht, manchen sogar schwer. Aber viele berichten danach, dass es sich gelohnt hat, eine Gruppentherapie auszuprobieren.
In der Kurzgruppe ausprobieren
Ab Sommer 2021 können Sie eine Gruppen-Psychotherapie auch ausprobieren. In bis zu vier Sitzungen à 100 Minuten oder acht Sitzungen à 50 Minuten können Sie sich ausführlich über diese Art der Psychotherapie mit mehreren Patient*innen informieren. Sie lernen in dieser Kurzgruppe auch schon, Ihre psychische Erkrankung besser zu verstehen, und erfahren, wie sie behandelt werden kann. Dazu werden bereits erste Übungen in der Gruppe durchgeführt. Für diese Kurzgruppe („gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung“) muss kein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden.
Unterschiedliche Gruppen
In manchen Gruppen starten alle Patient*innen gemeinsam und gleichzeitig. Solche Gruppen nehmen später keine weiteren Patient*innen auf, ihre Zusammensetzung bleibt bis zum Ende gleich. Zu anderen Gruppen können dagegen weitere Patient*innen zu bestimmten Zeitpunkten hinzukommen, zum Beispiel wenn eine Patient*in ihre Behandlung beendet hat. Viele Gruppen richten sich an Patient*innen mit unterschiedlichen psychischen Erkrankungen, manche sind aber auch für Patient*innen mit der gleichen Erkrankung angelegt.
Wirksamkeit von Gruppen
Zahlreiche Studien belegen, dass Gruppen-Psychotherapie sehr hilfreich sein kann. Die Wirksamkeit der Gruppen-Psychotherapie ist zum Beispiel für Angststörungen, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen, Zwangsstörungen, Essstörungen oder chronische Schmerzen nachgewiesen. Studien konnten auch die Wirksamkeit von themenspezifischen Gruppen belegen, zum Beispiel um Kontakte und Konflikte angemessener zu gestalten, den Verlust eines nahestehenden Menschen zu verarbeiten oder Stress besser bewältigen zu können. Schließlich haben sich auch themenoffene Gruppen als hilfreich erwiesen, in die jede* ihre spezifischen Anliegen und individuellen Probleme einbringt.
Regeln in Gruppen
Ein wichtiger Grundsatz ist, dass alle persönlichen Informationen aus der Gruppentherapie vertraulich sind und „in der Gruppe bleiben“, das heißt keiner Außenstehenden* erzählt werden. Dies gilt auch dafür, wer an einer Gruppentherapie teilnimmt. Weitere wichtige Regeln sind: andere ausreden lassen und sich nicht abwertend über andere zu äußern. Rückmeldungen sollten deshalb als Ich-Botschaft formuliert werden: „Ich habe den Eindruck…“, „Ich erlebe dich so…“ oder „Ich wünsche mir von dir…“. Das macht es für die anderen einfacher Feedbacks anzunehmen.
Psychotherapeutische Verfahren
Alle Psychotherapeut*innen diagnostizieren und behandeln psychische Erkrankungen. Dafür sprechen sie mit Ihnen über Ihre psychischen Beschwerden. Sie verordnen keine Medikamente.
Psychotherapeut*innen gehen davon aus, dass wir das meiste, was wir erleben, nicht bewusst verarbeiten. Wir reagieren häufig aus dem Bauch heraus, ohne dass wir uns vorher genau überlegt haben, was richtig, falsch oder besser ist. Das heißt aber nicht, dass wir irrational handeln. Wir folgen dabei einer Logik, die sich in einer früheren Situation als hilfreich erwiesen hatte, und die wir anwenden, ohne uns darüber im Klaren zu sein. Aber was früher vielleicht hilfreich war, funktioniert manchmal in neuen Lebenssituationen nicht mehr und führt in eine Sackgasse.
Psychische Erkrankungen können viele unterschiedliche Gründe haben. Sie können weit zurück in der Kindheit liegen oder sich im Laufe des Lebens ereignen. Mögliche Gründe können verletzende Erfahrungen sein, wie sexueller Missbrauch in der Kindheit oder schwierige Lebensereignisse wie der Tod einer nahestehenden Person, die Trennung oder Scheidung von einer Lebenspartner*in oder der Verlust des Arbeitsplatzes. Zu den Gründen können aber auch dauerhafte Konflikte am Arbeitsplatz oder in der Familie gehören. Es können aber auch lebensbedrohliche Ereignisse sein, wie Bürgerkrieg, Verfolgung und Flucht oder auch ein schwerer Verkehrsunfall mit Toten. Schließlich können auch lebensbedrohende und chronische körperliche Erkrankungen zu psychischen Erkrankungen führen. Diabetes kann zum Bespiel das Leben dauerhaft so belasten und einschränken, dass die Patient*innen depressiv erkranken. In der Regel wirken mehrere Gründe zusammen und sind entscheidend dafür, ob sich eine psychische Erkrankung entwickelt.
Solche Erlebnisse und Erfahrungen belasten jeden Menschen, bei manchen können sie zu psychischen Erkrankungen führen. Es ist wie bei körperlichen Erkrankungen: Manche Menschen sind robuster, manche empfindlicher. Psychotherapeut*innen sprechen mit Ihnen über solche Erlebnisse und Erfahrungen und helfen Ihnen, sie zu verarbeiten. Meist lernen Sie dabei auch, das, was Sie erleben, genauer wahrzunehmen und auszudrücken. Oft gehen Sie auch anders mit sich und anderen um und lernen, Ihre Beziehungen besser zu gestalten.
Psychotherapeut*innen nutzen dabei unterschiedliche Wege: Sie sprechen mit Ihnen über Ihre aktuellen psychischen Probleme, Erlebnisse, belastenden Erfahrungen und wie sie Ihr Leben beeinflussen. Mit Unterstützung der Psychotherapeut*in überlegen Sie, wie Sie damit anders umgehen können, damit Sie wieder gesund werden. Diese unterschiedlichen Wege sind die „psychotherapeutischen Verfahren“. Psychotherapeutische Verfahren sind verschiedene Gesprächs- und Behandlungskonzepte, von den wissenschaftlich nachgewiesen wurde, dass Sie Ihnen wirksam helfen können.
»Psychotherapeutische Verfahren sind verschiedene Gesprächs- und Behandlungskonzepte, von den wissenschaftlich nachgewiesen wurde, dass Sie Ihnen wirksam helfen können.«
Der Blickkontakt
Die meisten Psychotherapeut*innen sitzen Ihnen gegenüber. Sie können sich gegenseitig ansehen, während sie miteinander sprechen. Einen solchen Blickkontakt sind wir gewohnt. Er ermöglicht es, Gestik und Mimik des Gegenübers mitzubekommen.
Anders ist dies in der Analytischen Psychotherapie. Bei dieser Psychotherapie liegen Sie häufig auf einer Couch und sehen in den Raum. Das hat den Vorteil, dass Sie in Ihren Gedanken und Gefühlen freier sind. Sie versuchen dadurch zum Beispiel nicht, Mimik und Gestik der Psychotherapeut*in zu beobachten, um herauszufinden, wie sie auf Ihre Worte reagiert.
Die Intensität der Behandlung
In der Regel vereinbaren Sie mit Ihrer Psychotherapeut*in einmal je Woche einen 50-minütigen Behandlungstermin. Ein Termin je Woche hat den Vorteil, dass Sie sich in der Zwischenzeit das Besprochene noch einmal durch den Kopf gehen lassen können. Sie erinnern sich vielleicht nach einer Behandlungsstunde genauer an Vergangenes oder Sie beobachten sich selbst in gegenwärtigen Situationen genauer. Manche Psychotherapeut*innen geben Ihnen für die Zeit zwischen den Terminen auch Aufgaben oder Übungen, etwa ein Tagebuch zu führen oder etwas Neues auszuprobieren.
Bei Bedarf kann die Anzahl der Termine erhöht werden. In der analytischen Psychotherapie sehen Sie Ihre Psychotherapeut*in häufig zwei- bis dreimal die Woche. In der Verhaltenstherapie sind manchmal mehrstündige Behandlungstermine notwendig, wenn sich zum Beispiel eine Patient*in mit Unterstützung und Anleitung ihrer Psychotherapeut*in mit ihren Ängsten konfrontiert und sich dafür wieder in große Menschenansammlungen oder in enge Aufzüge begibt.
Die Schwerpunkte der Behandlung
Die allermeisten Patient*innen beginnen eine Psychotherapie, weil sie aufgrund ihrer psychischen Beschwerden nicht mehr in ihrem Alltag zurechtkommen. Die Psychotherapeut*in lässt sich von Ihnen zunächst diese psychischen Beschwerden genau beschreiben. Danach schlägt sie Ihnen eine Behandlung vor, bei der je nach psychotherapeutischem Verfahren unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Eine Verhaltenstherapeut*in bearbeitet mit Ihnen vor allem Ihre aktuellen psychischen Beschwerden. Eine Tiefenpsycholog*in bespricht mit Ihnen insbesondere schmerzhafte Erlebnisse in der Vergangenheit, die Sie geprägt haben. Eine Psychoanalytiker*in geht davon aus, dass Ihre heutigen Beziehungen vor allem durch frühkindliche Beziehungen zu Eltern und Geschwistern geprägt sind. Die Systemische Therapie bearbeitet wiederum vor allem die aktuellen Beziehungen von Menschen und insbesondere von Familien. Deshalb bezieht sie auch regelmäßig Partner*in und Kinder in die Gespräche ein. In einer Neuropsychologischen Therapie werden Patient*innen mit Hirnschädigungen
psychotherapeutisch behandelt.
Die Dauer der Behandlung
In der Verhaltenstherapie treffen sich Psychotherapeut*in und Patient*in in der Regel einmal die Woche, am Ende eventuell in längeren Abständen. Die Behandlung dauert meistens ein halbes bis ein Jahr, manchmal auch länger. In der Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie vereinbaren Psychotherapeut*in und Patient*in ebenfalls meist einen Termin in der Woche. Die Behandlung kann zwischen sechs Monaten und zwei Jahren dauern. In der Analytischen Psychotherapie sehen sich Psychotherapeut*in und Patient*in zwei bis drei Mal in der Woche. Die Behandlung dauert häufig zwei und mehr Jahre. Die Systemische Therapie geht davon aus, dass in den Behandlungsstunden Anstöße
gegeben werden, die es dem Einzelnen oder Familien erlauben, im Alltag bessere Lösungen für ihre Schwierigkeiten zu finden. Deshalb können die Abstände zwischen den Behandlungen auch länger sein. Anfangs können sie zwischen ein und zwei Wochen und gegen Ende sechs oder acht Wochen betragen. Die Behandlungen können auch als Doppelstunden stattfinden.
Viele Wege, eine psychotherapeutische Behandlung durchzuführen, haben sich als ausgesprochen wirksam erwiesen. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt jedoch nicht für alle die Kosten. Die Kassen bezahlen derzeit:
- Verhaltenstherapie,
- Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie,
- Analytische Psychotherapie,
- Systemische Therapie bei Erwachsenen,
- Neuropsychologische Therapie bei Gehirnverletzungen.
Die Verhaltenstherapie nimmt an, dass unsere Psyche und unser Verhalten durch die Erfahrungen geprägt sind, die wir im Leben machen. Wir entwickeln aus diesen Erfahrungen auch Gedanken und Überzeugungen, wie wir am besten mit uns und anderen umgehen. Die Verhaltenstherapeut*in betont dabei, dass viele unserer psychischen Eigenschaften, Verhaltensmuster und Fähigkeiten erlernt sind. Belastende Erfahrungen können auch zusammen mit erblich bedingten Empfindlichkeiten unterschiedlich stark Stress auslösen. Sind die Belastungen zu groß oder dauern sie zu lange an, können daraus psychische Erkrankungen entstehen.
Auch in der Verhaltenstherapie ist es bedeutsam, wie Sie Ihre zwischenmenschlichen Beziehungen gestalten und wie Sie mit Konflikten umgehen.
Ihre Psychotherapeut*in fragt Sie zunächst insbesondere danach, woran Sie gerade leiden, was Sie gegenwärtig belastet und Ihr Leben beeinträchtigt. Für diese Störungen sucht sie mit Ihnen gemeinsam auf Basis wissenschaftlicher Modelle nach Erklärungen. Sie spricht mit Ihnen beispielsweise darüber, warum es Ihnen schwerfällt, sich mehr mit anderen Menschen zu treffen, welche schlechten Erfahrungen Sie dabei gemacht haben, aber auch, wie diese Erfahrungen Ihre Erwartungen in allen weiteren Situationen prägen.
Die Psychotherapeut*in betrachtet mit Ihnen Ihre Denkmuster und überlegt mit Ihnen gemeinsam, wie Sie diese ändern können. Dabei geht es darum, Ihre Annahmen über das, was passieren könnte, zu hinterfragen und neue Wege auszuloten. Die Verhaltenstherapie erfordert dabei eine aktive Mitarbeit. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Sie zwischen den Therapiestunden neue Verhaltensweisen ausprobieren und erlernte Fertigkeiten eigenständig üben. IhrePsychotherapeut*in wird Ihnen dabei helfen, besser zu verstehen, wie Sie Ihre Beziehungen gestalten und wie Sie Ihr Verhalten so ändern können, dass Sie besser zurechtkommen undweniger leiden.
Die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie hat sich aus der Psychoanalyse entwickelt. Sie nimmt an, dass aktuelle Konflikte oder schmerzhafte Erfahrungen aus früheren Lebensphasen zu psychischen Erkrankungen führen können. Auch Armut oder ein Mangel an emotionaler Zuwendung und Unterstützung in der Kindheit können psychisch krank machen. Insbesondere schmerzhafte Erlebnisse und heftige Konflikte mit Eltern und Geschwistern oder anderen wichtigen Personen werden häufig verdrängt.
Solche unbewussten Konflikte erinnern wir nicht. Sie können aber dennoch unser Leben prägen. Sie beeinflussen, wie wir denken, fühlen und uns verhalten oder wie wir unsere aktuellen Beziehungen gestalten. So kann, was wir als Kind in Beziehungen gelernt oder auch nicht
gelernt haben, unser späteres Leben erschweren oder sogar psychisch krank machen. Die Beziehungen zu Lebenspartner*innen, Freund*innen oder Arbeitskolleg*innen können deshalb schwierig sein oder sogar scheitern. Psychotherapeut*innen sprechen von einem krankmachenden Konflikt
zwischen prägenden Erfahrungen und aktuellen Bedürfnissen und Erwartungen.
Psychotherapeut*innen, die tiefenpsychologisch arbeiten, helfen Ihnen, Ihre unbewussten Konflikte
und Gründe zu erkennen, die Ihren aktuellen psychischen Beschwerden zugrunde liegen, sich mit diesen auseinanderzusetzen und Ihr Verhalten zu ändern. Sie unterstützen Sie dabei, wiederholende Beziehungsmuster und psychische Konflikte, die Ihr Leben prägen und einschränken, zu verstehen und zu verändern. Sie können mit Ihrer Psychotherapeut*in an Schwierigkeiten arbeiten, die in Ihrem Leben immer wiederkehren, wie zum Beispiel, die eigenen Emotionen besser wahrnehmen zu können oder die Emotionen anderer Menschen verstehen und mit ihnen umgehen zu können.
In der Beziehung zu Ihrer Psychotherapeut*in können Sie Ihre prägenden Erfahrungen ausdrücken und Ihre Beziehungsmuster und psychischen Konflikte besser verstehen und verändern. Mit ihr können Sie andere Beziehungserfahrungen machen und neue Verhaltensweisen
erproben. Ziel ist es, die bisher unbewussten Konflikte zu lösen, sodass diese Sie nicht mehr krank machen.
Die Analytische Psychotherapie geht auf die Psychoanalyse zurück, die von Sigmund Freud gegen Ende des 19. Jahrhunderts begründet wurde und seither weiterentwickelt worden ist. Nach der Analytischen Psychotherapie werden psychische Erkrankungen durch innere Konflikte verursacht, die Menschen in ihrem Leben und ihren Beziehungen – insbesondere in den ersten Lebensjahren – erlebt haben. Die Psyche des Menschen sorgt dafür, dass schmerzhafte Erfahrungen und besonders belastende Erlebnisse durch psychische Abwehrmechanismen aus der bewussten Wahrnehmung verdrängt oder anders erträglich gemacht werden. Die Konflikte beeinflussen jedoch trotzdem weiter, wie wir denken, fühlen
und handeln. Die frühen Beziehungen zu Eltern und Geschwistern prägen dadurch beispielsweise unsere späteren Beziehungen als Erwachsene. Sie können auch zu psychischen Erkrankungen führen, wenn sich die unbewussten Bewältigungsmuster, die als Kind hilfreich waren, im weiteren Leben als störend oder unbrauchbar erweisen. Psychisch kranke Menschen wiederholen nach der psychoanalytischen Theorie Beziehungsmuster, die ursprünglich einmal eine Lösung waren, sich aber für andere Beziehungen und Situationen als nicht mehr hilfreich erweisen.
In der Analytischen Psychotherapie hilft die Psychotherapeut*in Ihnen, sich die Beziehungsmuster und damit verbundene verdrängte Gefühle, Erinnerungen und innere Konflikte bewusst zu machen. Dafür beschreiben Sie ihr, was Ihnen an Gedanken oder Erinnerungen durch den Kopf geht, ohne das Gesagte zu bewerten oder zu beurteilen. Sie geht dabei davon aus, dass diese Assoziationen nicht zufällig sind, sondern etwas darüber sagen, was Sie innerlich bewegt und Ihr Verhalten prägt. Dabei achtet Ihre Therapeut*in auch darauf, wie Sie die Beziehung mit ihr gestalten. Sie geht davon aus, dass auch in der Beziehung zu ihr die Muster und Konflikte erkennbar werden, die Sie insbesondere als Kind erlebt haben oder die durch traumatische Erfahrungen geprägt sind und die sich immer wiederholen. Im Gespräch über Ihre Assoziationen und Beziehungen können Sie so erkennen und klären, warum Sie so fühlen und handeln, wie Sie es tun, und ob dies aktuell noch passend ist. Ziel ist es, durch ein vertieftes Verständnis für sich selbst neue Wege aus den sich wiederholenden seelischen Sackgassen zu finden.
Die Systemische Therapie betont, dass psychische Erkrankungen auch dadurch entstehen können, wie Menschen in alltäglichen Beziehungen miteinander umgehen. Sie nimmt an, dass insbesondere im familiären Beziehungsgeflecht wichtige Ursachen für die psychische Erkrankung der Patient*in zu finden sind. Mit einer psychischen Erkrankung kann ein Mensch ausdrücken, dass innere und zwischenmenschliche Spannungen für ihn nicht anders zu lösen sind.
Deshalb werden in die Behandlung häufig auch die Lebenspartner*in, Eltern, Geschwister oder andere wichtige Personen einbezogen. Konflikte und krank machende Beziehungen können so besser erkannt und bearbeitet werden. Ein Schwerpunkt der Systemischen Therapie ist dabei, die
Stärken der Patient*in und der Familienmitglieder zu nutzen, ihr Verhalten zu ändern, Beziehungen anders zu gestalten oder anders zu sehen und gemeinsam Lösungen für die bestehenden Probleme und Konflikte zu entwickeln.
In der Systemischen Therapie werden zum Beispiel Familienbeziehungen als Zeichnungen oder mit Figuren dargestellt. Indem die Beziehungen räumlich dargestellt werden, kann ausgedrückt werden, was die Einzelnen füreinander empfinden und wie nahe sie einander stehen. Dies löst
untereinander bei Eltern und Kindern Gefühle und Gedanken aus, die symptomatisch für die realen Beziehungen inder Familie sind. Durch die räumliche Aufstellung kann jede* sogar mehr ausdrücken, als sie in Worte fassen kann. Manchmal erfolgt die Aufstellung auch mit den realen
Familienmitgliedern. Wenn die Familienmitglieder nicht an der Behandlung beteiligt werden können oder sollen, kann die Patient*in auch selbst in die Rollen der verschiedenen Familienmitglieder schlüpfen. So kann sie die familiären Beziehungen und die Dynamik in der Familie besser verstehen. Die Therapeut*in unterstützt die Patient*in durch ihre Fragen zu erkennen, wie sie die festgefahrenen Beziehungen verändern kann. Dabei wird durch die Zeichnung oder Figuren auch dargestellt, wie sich diese Familienbeziehungen im Leben der Patient*in verändert haben und künftig verändern könnten.
Die Systemische Therapie nimmt an, dass so in der Behandlung Anstöße gegeben werden, die es einer Patient*in oder einer Familie erlauben, in ihrem Alltag und zwischen den Behandlungsstunden bessere Lösungen für die Schwierigkeiten und Konflikte zu finden.
Die Neuropsychologische Therapie ist eine besondere Therapie für die vielfältigen Probleme, die aufgrund einer Hirnschädigung entstehen. Ursachen sind insbesondere Verletzungen oder Erkrankungen des Gehirns, die zum Beispiel durch einen Unfall oder Schlaganfall entstehen
können. Wenn Sie zum Beispiel bei einem Autounfall eine Kopfverletzung erlitten haben, kann es sein, dass Sie sich danach nicht mehr so gut konzentrieren oder erinnern können. Es kann auch sein, dass Sie sich stark zurückziehen und an kaum mehr etwas Interesse haben.
Dies kann daran liegen, dass das Leben nach einer Hirnverletzung so viel anders sein kann als vorher. Häufig müssen Sie dann mit erheblichen Einschränkungen klarkommen. Sie sind vielleicht auch nicht mehr so leistungsfähig und belastbar wie früher. Manche Patient*innen schämen sich so sehr, all das nicht mehr so gut zu können, was für alle anderen selbstverständlich ist, dass sie sich scheuen, überhaupt noch mit
anderen zusammen zu sein.
Manchmal ist eine Patient*in nach einem Unfall auch nicht mehr in der Lage, ihren bisherigen Beruf auszuüben oder überhaupt weiter arbeiten zu gehen. Mit der Neuropsychologischen Therapie sollen die psychischen und körperlichen Probleme, die durch die Hirnverletzung entstanden sind, gelindert werden. Die Patient*innen lernen, wie sie mit den Einschränkungen leben und diese so gut es geht ausgleichen können. Sie sollen ihr alltägliches Leben wieder möglichst selbstständig leben können. Die Behandlung erfolgt meist über mehrere Monate einmal wöchentlich oder auch intensiver. Manche Patient*innen werden auch über Jahre begleitet.
Die Neuropsychologische Therapie wird von spezialisierten Psychotherapeut*innen angeboten. Diese haben dafür eine zusätzliche Weiterbildung abgeschlossen, die mindestens zwei Jahre dauert. Auf ihrem Praxisschild oder auf ihrer Webseite steht in der Regel die Bezeichnung „Klinische Neuropsychologie“.
*Psychotherapeutische Verfahren und Methoden in der Reihenfolge, wie sie in der Praxis am häufigsten eingesetzt werden.
Medikamente
Psychotherapeut*innen verordnen keine Medikamente. Bei manchen psychischen Erkrankungen, wie zum Beispiel bei schweren Depressionen, ist es jedoch empfehlenswert, sowohl eine Psychotherapie zu machen als auch Medikamente einzunehmen. Bei anderen Erkrankungen reicht eine dieser beiden Behandlungen aus. Dann kann die Patient*in nach Beratung durch die Psychotherapeut*in entscheiden, was sie bevorzugt: Psychotherapie oder Medikamente. Es gibt jedoch auch viele psychische Erkrankungen, bei denen eine Psychotherapie allein die empfehlenswerteste Methode ist. Ihre Psychotherapeut*in wird Sie in der Sprechstunde und in den Probesitzungen beraten, was bei Ihrer Erkrankung empfehlenswert ist (siehe „Behandlungsleitlinien“).
Psychotherapie hat allerdings einen wesentlichen Vorteil gegenüber Medikamenten: Sie stärkt Ihre Selbstheilungskräfte. Medikamente wirken häufig nur so lange, wie Sie sie einnehmen. Eine Psychotherapie wirkt in der Regel auch noch lange danach. Menschen, die psychotherapeutisch behandelt wurden, sind häufiger und länger psychisch stabil.
Wie wirksam ist Psychotherapie?
Psychotherapie wirkt – nachweislich. Ihre heilende Wirkung wurde durch eine große Zahl wissenschaftlicher Studien belegt. Aktuelle Übersichtsarbeiten haben gezeigt, dass Psychotherapie eine hohe Wirksamkeit hat und im Vergleich wirksamer ist als viele Behandlungen bei körperlichen Erkrankungen. Der Gesundheitszustand von rund acht von zehn Menschen, die eine Therapie machen, verbessert sich durchschnittlich stärker als derjenige von Menschen, die keine Therapie machen. Patient*innen mit psychischen Erkrankungen brechen außerdem eine psychotherapeutische Behandlung deutlich seltener ab als eine medikamentöse Behandlung. Ferner hat Psychotherapie im Vergleich zu medikamentösen Behandlungen nachhaltigere Effekte. Die Behandlungserfolge halten bei den allermeisten Patienten weit über das Therapieende hinaus an.
»Die Behandlungserfolge halten bei den allermeisten Patient*innen weit über das Therapieende hinaus an.«
Aber wie bei der Behandlung von körperlichen Erkrankungen auch wirkt Psychotherapie nicht bei allen Patient*innen und etwa fünf bis zehn Prozent der Patient*innen geht es nach einer Therapie schlechter als vorher. Daher ist es sinnvoll, Ihre Psychotherapeut*in frühzeitig anzusprechen, wenn Sie Zweifel haben, ob Ihnen die Therapie hilft, oder es Ihnen zunehmend schlechter geht.
In Deutschland beschäftigen sich verschiedene Expertengremien damit, wissenschaftliche Studien zur Behandlung von psychischen Erkrankungen auszuwerten und zusammenzufassen. Der „Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie“ ist ein Gremium, das insbesondere die Wirksamkeit von psychotherapeutischen Verfahren prüft (siehe „Psychotherapeutische Verfahren“). Der Beirat kann aber nicht entscheiden, ob die Behandlung mit einem psychotherapeutischen Verfahren auch von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden muss. Dafür ist der „Gemeinsame Bundesausschuss“ zuständig.
Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie
Der „Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie“ ist ein Gutachtergremium, das prüft, ob ein psychotherapeutisches Verfahren als wissenschaftlich anerkannt gelten kann. Dafür hat er einen gesetzlichen Auftrag (§ 8 Psychotherapeutengesetz). In diesem Gremium sitzen zwölf wissenschaftlich und therapeutisch renommierte Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen, die je zur Hälfte von der Bundespsychotherapeutenkammer und der Bundesärztekammer benannt wurden.
Der Beirat prüft nach festgelegten Regeln, ob genügend wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen, die die Wirksamkeit eines psychotherapeutischen Verfahrens nachweisen. Bisher hat der Beirat folgende Verfahren anerkannt:
- Verhaltenstherapie,
- Psychodynamische Psychotherapie (Analytische Psychotherapie und Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie),
- Systemische Therapie.
Darüber hinaus hat der Beirat folgende psychotherapeutischen Behandlungen für bestimmte Zwecke wissenschaftlich anerkannt:
- Neuropsychologische Therapie (bei psychischen Störungen durch Gehirnverletzungen),
- Gesprächspsychotherapie (bei affektiven Störungen, Anpassungs- und Belastungsstörungen und zur psychotherapeutischen Mitbehandlung bei somatischen Erkrankungen)
- Interpersonelle Therapie (IPT; bei affektiven Störungen und Essstörungen),
- EMDR zur Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen (EMDR = Eye Movement Desensitization and Reprocessing),
- Hypnotherapie bei Suchterkrankungen (nachgewiesen für die Raucherentwöhnung) und zur psychotherapeutischen Mitbehandlung bei somatischen Erkrankungen.
Gemeinsamer Bundesausschuss
Neue psychotherapeutische Verfahren, die von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden, müssen zusätzlich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss geprüft werden. Dabei handelt es sich nicht um einen Ausschuss des Deutschen Bundestages, sondern um eine Behörde, in der Krankenkassen, Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen und Krankenhäuser gemeinsam zum Beispiel darüber entscheiden, welche Leistungen eine gesetzlich Krankenversicherte* für ihre Beiträge erhält. Patientenvertreter*innen nehmen bisher nur beratend an den Sitzungen teil.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat bisher folgende psychotherapeutischen Verfahren als wirksam anerkannt:
- Verhaltenstherapie,
- Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie,
- Analytische Psychotherapie,
- Systemische Therapie bei Erwachsenen
sowie die
- Neuropsychologische Therapie,
- EMDR zur Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen (EMDR= Eye Movement Desensitization and Reprocessing). Die EMDR-Behandlung wird dabei als Teil der Behandlung mit einer Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie oder Analytischen Psychotherapie durchgeführt.